Von Cobh nach Ellis Island: 5.000 Kilometer Geschichte
Der Zeitungsartikel, der in eine schmale Spalte in der New York Times gepresst war, trug die Überschrift: „LANDED ON ELLIS ISLAND: NEW IMMIGRATION BUILDINGS OPENED YESTERDAY“ (AUF ELLIS ISLAND GELANDET: NEUE EINWANDERUNGSGEBÄUDE GESTERN ERÖFFNET). Die Armen, die Kranken, die Hoffnungsvollen und die Furchtsamen begannen noch am selben Tag, durch die Tore von Ellis Island zu strömen.
Und wie die New York Times der Stadt mitteilte: „Ein irisches Mädchen mit rosigen Wangen wurde als erste Einwanderin registriert.“ Dieses Mädchen war Annie Moore.
Cobh Harbour, Grafschaft Cork
Als Annie Moore Irland verließ, wäre Queenstown – heute Cobh genannt – Ihr Ausgangspunkt gewesen. Jeder Besucher von Cobh begibt sich heute, als ob von unsichtbaren Magneten angezogen, zur viktorianischen Promenade der Stadt. Hier ist es leicht, die Gedanken schweifen zu lassen.
Und vielleicht driften diese Gedanken zur Titanic. 1912 ging das mächtige Schiff im offenen Meer vor Cobh vor Anker und wartete auf die Postzustellung und letzte Gruppe von Passagieren, bevor es seine schicksalhafte Atlantiküberquerung antrat. Spike Island, eine ehemalige Gefängnisfestung, die als „Irlands Alcatraz“ bezeichnet wird, ist am Horizont auszumachen. Heute ist sie nicht mehr furchteinflößend, befeuert jedoch nach wie vor die Vorstellungskraft.
Annie Moore Statue, Cobh, Grafschaft Cork
Auf der eleganten Promenade steht die Statue von Annie Moore. Ihre beiden jüngeren Brüder stehen vor ihr und man kann sich direkt vorstellen, wie sie an ihrem Kleid zupfen, endlose Fragen stellen und sich von ihr in Bezug auf die bevorstehende Reise beruhigen lassen. Doch genau wie ihre Statue auf Ellis Island deutet Annies Gesicht auch hier nicht auf Nervosität hin.
War dies ein Teenager mit einer ungewöhnlichen Reife oder war sie sich ganz einfach nicht bewusst, welche Rolle sie in der Auswanderungsgeschichte Irlands spielen würde?
Der Gelehrte und Tourleiter Dr. Michael Martin hat in seinen eigenen Worten „die Vorzüge der Vergangenheit von Cobh seit 1998 jeden Tag auf der Titanic Trail Guided Walking Tour enthüllt“. Im Laufe dieser Zeit konnte er sich immer mehr in die irischen Auswanderer, die Cobh verlassen haben, hineinversetzen, darunter Annie Moore.
„Ich bin mir nicht sicher, ob sie Angst hatte oder ob Sie andere Emotionen empfand“, sagt er. „Mit nur 17 Jahren und zwei jüngeren Brüdern, um die sie sich kümmern musste, muss es eine etwas einschüchternde, aber auch aufregende Erfahrung gewesen sein. Wenn man noch nie auf einer transatlantischen Reise gewesen ist, hatte man keine Ahnung, was einen erwartet.“
Cobh, Grafschaft Cork
Zu dieser Zeit konnte Annie natürlich nicht wissen, welche Rolle sie nicht nur in der irischen, sondern auch in der amerikanischen Geschichte spielen würde.
„Für mich“, fährt Dr. Martin fort, „ist die Geschichte von Annie Moore typisch für die Prüfungen und Drangsale der Auswanderung irischer Familien im 19. Jahrhundert.“ Die Entscheidung, die Heimat zu verlassen, die anfängliche Trennung von der Familie über die Kluft des Atlantiks hinweg, die psychologische und physische Distanz, die Menschen zurücklegen mussten, bevor sie sich einer neuen Situation und einer neuen Kultur stellen mussten, um neue Möglichkeiten zu erschließen. Wann immer ich ihre Statue sehe, denke ich darüber nach.“
Die Reise von Annie Moore durch das Leben endete, als sie am 6. Dezember 1924 an Herzversagen starb. Heute trennen über 5.000 Kilometer das Grab von Annie in Queens von ihrer Statue auf der Hafenpromenade in Cobh. Das ist ein langer Weg, um seinen Platz in der Geschichte zu finden.
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